Zur Heiligsten Dreifaltigkeit

Kath. Kirchengemeinde Hirschlanden
mit Heimerdingen und Schöckingen

Schwabstr. 15
71254 Ditzingen-Hirschlanden

Verhülltes Kreuz – Wieso??

In vielen Kirchen werden ab dem fünften Fastensonntag die Kreuze verhüllt. Warum geschieht das kurz vor Ostern? Woher dieser Brauch kommt – und was die Hungertücher damit zu tun haben, lesen Sie hier:

Verena Jilg nimmt den Brauch folgendermaßen wahr

In der Fastenzeit, die eine Zeit der Vorbereitung auf das Osterfest ist, werden in vielen Kirchen die Kreuze verhüllt. Diese Tradition hat eine symbolische Bedeutung. Die Verhüllung der Kreuze soll die Gläubigen dazu ermutigen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich intensiver mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen. Es ist eine Zeit der Besinnung, der Buße und des Verzichts. Indem die Kreuze verhüllt werden, wird symbolisch die Abwesenheit Jesu Christi während seiner Leidenszeit dargestellt. Es ist eine Erinnerung daran, dass Jesus für die Sünden der Menschen gestorben ist und die Gläubigen in dieser Zeit der Fastenzeit ihre eigenen Sünden reflektieren und bereuen sollen. Die Verhüllung der Kreuze ist also eine visuelle Darstellung der Ernsthaftigkeit und Bedeutung der Fastenzeit. Es ist eine Möglichkeit, die Gläubigen dazu einzuladen, sich auf das Leiden und die Auferstehung Jesu Christi zu konzentrieren und sich auf diese Weise spirituell zu erneuern.

Matthias Altmann schreibt dazu bei katholisch.de:

Am Passionssonntag oder auch dem fünften Fastensonntag werden in den allermeisten Kirchen Kreuze sowie Jesusbilder und -figuren mit einem violettfarbenen Tuch verhüllt – der liturgischen Farbe der Fastenzeit entsprechend. Vielerorts wird die Osterkerze aus dem Altarraum entfernt und in die Sakristei getragen, ehe sie am Ostersonntag durch die neue ersetzt wird.

Auf den ersten Blick ergibt der Brauch, die Kreuze zu verhüllen, eigentlich keinen Sinn. Wieso werden ausgerechnet kurz vor Ostern in den Kirchen die Kreuze verhüllt? Steht doch gerade in der Fasten- oder Passionszeit das Kreuz als Symbol für das Leiden und Sterben Jesu im Fokus.

Eine erste Auslegung liefert Bischof Wilhelm Durandus im 13. Jahrhundert. Er deutet die Verhüllung der Kreuze allegorisch auf eine Stelle im Johannesevangelium, die den Abschluss der Streitgesprächen Jesu mit den Juden bildet. Dort heißt es: “Da hoben sie [die Jerusalemer Juden] Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und verließ den Tempel” (Joh 8,59). Laut Durandus hat Jesus in der Zeit seines Leidens seine Gottheit verhüllt. Dass Jesus sich gemäß dem Johannesevangelium in der letzten Zeit vor seinem Einzug in Jerusalem nicht mehr in der Öffentlichkeit bewegte (Joh 11,54), könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Wie genau diese Tradition entstanden ist, liegt allerdings im Dunkeln. Möglicherweise ist sie darin begründet, dass das Kreuz im Laufe der Zeit immer mehr zum Symbol für die Auferstehung Jesu wurde. Der Aspekt des Todes rückte dabei in den Hintergrund. Im Mittelalter waren Kreuze, die den leidenden und geschundenen Jesus zeigen, eher selten. Verbreitet waren sogenannte Triumphkreuze, die mit Gold und Edelsteinen geschmückt waren. Teilweise hatten sie keinen Korpus oder zeigten den “erhöhten Christus” mit Heiligenschein oder Krone. Damit das Wesentliche wieder sichtbar wird, musste alles, was ablenkt, verborgen werden: Daraus könnte die Tradition der Kreuzverhüllung entstanden sein. Sie sollte sich an den leidenden Jesu in der Passion erinnern – in der Absicht, dass sich sein Bild den Gläubigen umso tiefer einprägt.

Eine weitere Deutungsmöglichkeit bietet sich mit Blick auf die mittelalterliche Bußpraxis an: Früher waren die Büßer vom Gottesdienst ausgeschlossen. Bei der Verhüllung der Kreuze und Bilder könnte es sich um einen Gestus der Solidarität mit ihnen handeln – ein “Fasten der Augen” als Zeichen der Buße. So gab es schon um das Jahr 1000 die weitverbreitete Tradition, den ganzen Chorraum/Altar mit einem Fasten- oder Hungertuch zu verhüllen. Diese wurden später reich mit Motiven aus der Passion Christi bebildert. Diese Darstellungen dienten auch der Veranschaulichung, um den Gläubigen, die nicht lesen konnten, die Heilsgeschichte näherzubringen. So wurden aus diesen Hungertüchern “Armen-Bibeln”. An diese Interpretation schließt sich auch die Wiederbelebung der Tradition der “Hungertücher” durch das kirchliche Hilfswerk “Misereor” nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil an.

Als Zeitpunkt der Verhüllung kristallisierte sich ab dem Konzil von Trient der Sonntag vor Palmsonntag. Ab dann handeln auch die liturgischen Texte deutlicher vom Leiden und Sterben Jesu. Im Messbuch von 1570 wurde der Brauch schließlich offiziell festgelegt: “Vor der ersten Vesper des Passionssonntages werden die Kreuze und Bilder verhüllt”, heißt es darin.

Das römische Messbuch von 1969 stellt den Brauch grundsätzlich frei, plädiert aber für seine Fortführung. Die deutsche Einführung zum Messbuch bestimmt: “Der Brauch, die Kreuze und Bilder in den Kirchen zu verhüllen, soll beibehalten werden. In diesem Fall bleiben die Kreuze verhüllt bis zum Ende der Karfreitagsliturgie, die Bilder jedoch bis zum Beginn der Osternachtsfeier.” Zur Palmprozession am Palmsonntag bleibt das Kreuz allerdings unverhüllt: Hier ist es nämlich ein Siegeszeichen – und gibt somit einen Vorgeschmack auf Ostern.